TikTok- So komplex wie ein Uhrenwerk

TikTok- So komplex wie ein Uhrenwerk

 Mittlerweile sollte die App TikTok den meisten Jugendlichen ein Begriff sein und auch Erwachsene haben wohl im Zusammenhang mit Skandalen, Unfällen oder der selbstdiagnostizierten Sucht der eigenen Kinder schon von der Plattform gehört. Immerhin nutzen mehrere Hundertmillionen die App. Entweder zur reinen Unterhaltung oder um sogar selbst kurze Clips zu veröffentlichen. Die Chance auf eine große Reichweite und eine neue Zielgruppe haben beispielsweise auch Nachrichtensender wahrgenommen und so schafft es auch @tagesschau, dass junge Follower informiert werden. Die Plattform ist also ein riesiger Markt, auf dem Werbung wirksam veröffentlicht werden kann und auch der ein oder andere zukünftiger Influencer seine Anfänge macht. Doch was genau löst die Faszination aus, die nun schon weitaus länger als lediglich ein unbedeutender Trend anhält? 

Jeder kann auf der App Content-creator*in werden und das ohne ein professionelles Schnittprogramm, ganz einfach, direkt in der App. Das führt zu einer unvorstellbar großen Vielfalt an Videos, da sollte wirklich für jedes Interessengebiet etwas zu finden sein. Und die besagten auf die persönlichen Interessen abgestimmten Videos muss man noch nicht einmal selbst suchen. Das Unternehmen ByteDance, welches hinter TikTok steckt, setzt nämlich besonders auf künstliche Intelligenz. Es wird also registriert, welche Clips dem/der User/in gefallen und zwar nicht nur anhand der geliketen Videos. Es wird analysiert wie lange es dauert, bis der Zuschauer das Interesse an dem vorgeschlagenen TikTok verliert und es weiterswipet, welche Musik bzw. Sounds er gerne hört, welche Creator er verfolgt, was den Leuten gefällt, die den gleichen Creator verfolgen, den der Zuschauer verfolgt…und so werden lange und komplexe Ketten gebildet, um dann ein passendes TikTok vorgeschlagen zu bekommen. Natürlich kann man es äußerst kritisch betrachten, dass so eine Menge an Daten gesammelt wird. Und auch der Fakt, dass ausgerechnet die App, in der der Nutzer absolut nichts entscheiden muss (anders als bei z.B. Netflix, dort entscheidet man sich ja bewusst für eine Serie oder einen Film) so viel Erfolg hat, ist bedenklich. Doch das Konzept funktioniert. Die User*innen begeben sich gerne und freiwillig in diese Art Trance, in der sie sich über Stunden hinweg, immer die gleiche Fingerbewegung ausführend, berieseln lassen. 

Einerseits sind die genannte Vielfalt aber andererseits auch die Länge der Videos entscheidende Faktoren für die Kurzweiligkeit der Plattform. Die Zeit vergeht praktisch wie im Fluge. Die meisten Clips dauern nicht länger als eine Minute, doch mit dem mehrfach angewandten Motto „Ein TikTok geht noch, sind schließlich nur 30 Sekunden“ haben wohl schon Einige die Zeit unterschätzt. Und je länger man auf TikTok ist, desto präziser wird der Algorithmus, desto mehr Videos gefallen dem User, desto mehr Zeit verbringt er/sie auf der Plattform und so weiter und so fort. Es ist also ein ewiger Kreislauf könnte man sagen. 

Jeder einzelne Swipe ist ein kleines Glücksspiel. Man weiß nie was kommt. Klar, der Gewinn ist nicht derselbe wie beim Roulette, jedoch wird die Sucht vom Prinzip auf die gleiche Art erzielt. Niemand wir süchtig nach Roulette, weil er Freude daran hat, haufenweise Geld zu verlieren. Die Glückshormone Endorphin und Dopamin, die beim Gewinn freigesetzt werden, sind es, nach denen der Mensch süchtig wird. Dieser Gewinn ist im Fall TikTok kein Geld, sondern nun mal die Chance auf gute Unterhaltung, doch schon das reicht, um vermehrt Dopamin und Endorphin freizusetzen.  

Doch das wahrscheinlich Faszinierendste sind die Menschen, die hinter den Kurzvideos stehen. Man kann dem Großteil der Gen-Z bei der Entwicklung zusehen und das unter wesentlich realeren Umständen als zum Beispiel auf Instagram. Es entscheidet zwar immer noch jeder selbst, was genau er aus seinem Leben zeigen will und was nicht, jedoch werden die Creator*innen auf TikTok sehr akzeptiert und supportet. Während es auf Instagram um einen ästhetischen Feed geht, jedes Gericht schön aussehen muss und das „perfekte“ Leben inszeniert wird, ist es auf  

TikTok okay, sich mit den Followern über sein verbranntes Essen lustig zu machen oder offen über seine Depressionen zu reden. Es findet dementsprechend auch viel mehr Identifizierung mit den Ersteller*innen der TikToks statt, was das Interesse wiederum steigert. Es sind Menschen wie du und ich, die zufällig viral gehen und meist nicht irgendwelche Influencer, hinter denen ein Management steht. 

TikTok ist nicht nur die App, in der Tänze oder Lip-Syncs gezeigt werden, wie der Ruf der Vorgänger-App musical.ly vermuten lässt. Dahinter steckt ein unfassbar ausgeklügeltes System, welches mit unserem Unterbewusstsein und der menschlichen Psyche förmlich spielt. Doch auch wenn viele sich über den Datenhandel, den Algorithmus und den möglichen Suchtfaktor im Klaren sind, erfährt die App einen lang anhaltenden Hype und wird für ihre Genialität belohnt. Die Social-Media-App ist für viele nahezu unverzichtbar, egal welche Gefahren sie mit sich bringt. 

 

Bildquelle: Pixabay

Beitrag von Vroni Meisl

 

https://1e9.community/t/es-sind-nicht-nur-videos-die-tiktok-so-erfolgreich-machen-sondern-kuenstliche-intelligenz/5132 

https://www.biologie-seite.de/Biologie/Mesolimbisches_System  

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